Doku-des-Alltags: Allgäubahn und Mittelschwabenachse
Der Fürstenfeldbrucker Stadtteil Buchenau hat seit 2. Oktober 1949 einen Personenzughalt. Der einfache Haltepunkt mit niedrigen Außenbahnsteigen wurde um 1970 zum S‑Bahnhaltepunkt ausgebaut, zunächst ebenfalls mit Außenbahnsteigen.
Im Zuge der 2. Ausbaustufe des Münchner S‑Bahnnetzes wurde neben zahlreichen Baumaßnahmen auch auf den meisten Strecken der 20-Minutentakt eingeführt. Auf der S 4 sollte ganztägig bis Buchenau im 20-Minutentakt gefahren werden. Zu diesem Zweck wurde der Haltepunkt 1987 zu einem Bahnhof umgebaut mit drei Bahnsteiggleisen und einem Abstellgleis für hier endende bzw. wendende S‑Bahnzüge.
1.) Der Bahnhof Buchenau wurde mit seinen drei Bahnsteiggleisen und der S‑Bahnabstellanlage im Herbst 1987 in Betrieb genommen. Damit konnten in Buchenau Züge verstärkt und geschwächt werden, oder auch enden und beginnen. Im Sommer 1991 wirkte der noch keine vier Jahre alte Bahnhof ziemlich neu. Mit dieser Bahnsteiganordnung – Gleis 1 mit Außenbahnsteig, Gleise 2 und 3 mit Inselbahnsteig – zeigte sich der Bahnhof bis zum erneuten Umbau im Jahr 2019. Die Richtungsgleise liegen außen, das mittlere Gleis ist das Wende- und Überholgleis, mit Anschluss an das westlich gelegene Abstellgleis.
Hier ist eine interessante Betriebssituation zu sehen. Der blaue 420 544 auf Gleis 1 endet samstags in Buchenau (an 17:53). Eigentlich ist dafür Gleis 2 vorgesehen, denn von Gleis 1 führt kein Weg in die Spitzkehre des Abstellgleises, um dann wieder aufs Richtungsgleis nach München zu gelangen (Gleiswechselbetrieb gab es hier vor 2010 noch nicht). Zudem kann von Gleis 1 auch nicht ins Abstellgleis gefahren werden. Hier ist aber Gleis 2 noch von der S-Bahn nach München belegt (Buchenau an 17:53 / ab 17:55), die gerade vom D 2167 auf Gleis 3 überholt wird. Der orange 420 ist bereits drei Minuten über der Zeit, vielleicht kam er schon verspätet aus Geltendorf an, dass er in Buchenau vom D-Zug überholt werden musste, statt in Fürstenfeldbruck. Dadurch wurde 420 544 auf Gleis 1 geleitet. Später wird er dann wohl mit einer Rangiertfahrt auf Gleis 2 gewechselt haben.
2.) Januar 1990. 420 614 in astreiner Münchner Ausführung und mit Jägermeister-Werbung auf dem Abstellgleis zwischen den Streckengleisen an der westlichen Ausfahrt.
3.) 420 563 verlässt gerade das Abstellgleis und schlängelt sich auf Gleis 3 hinüber.
4.) An diesem strahlenden Winternachmittag ist 218 406 mit dem nur aus drei Silberlingen bestehenden E 881 München – Kaufbeuren unterwegs, der nur freitags fährt. Abfahrt in München war um 14:38, Ankunft in Kaufbeuren ist um 15:44. Dort besteht Anschluss an den N 6744 nach Marktoberdorf, Ankunft dort um 16:07.
5.) An einem sonnigen Herbstmorgen erreicht diese 420er Garnitur von Geltendorf kommend den Bahnhof Buchenau.
6.) Der Zustand als S-Bahn-Haltepunkt bis 1987. Die Lage des südlichen Bahnsteigs entspricht der Lage des heutigen, 2019 errichteten, Bahnsteigs. An der Buswendeschleife endete und begann die Linie 840 in die Brucker Innenstadt und weiter bis zum Bahnhof Fürstenfeldbruck.
Der ursprüngliche Haltepunkt Buchenau wurde 1949 errichtet, nachdem in der Nachkriegszeit die gleichnamige Siedlung südlich der Strecke entstanden war. Die Anordnung der Bahnsteige war grundsätzlich auch schon so, wie auf dem Plan. Der Hp hatte zwei Außenbahnsteige und ein ebenerdiges sehr einfach gehaltenes Betriebsgebäude mit Walmdach am nordöstlichen Zugang des südlichen Bahnsteigs. Dort war der Schrankenposten für den mechanisch bedienten Bahnübergang, der spätestens Anfang der 1960er Jahre durch eine Unterführung ersetzt wurde. Das Gebäude stand noch bis 1987 und diente während der S‑Bahnzeit noch als Kiosk. Um 1970/71 herum erhielt Buchenau die Hochbahnsteige für die S-Bahn. Bis Anfang der 1980er Jahre bestand nördlich der Bahn eine Mischung aus einzelnen Industrieansiedlungen und weiten Brachflächen. Am Haltepunkt gab es ein großes Rondell mit einem hohen Lampenmasten in der Mitte, dort herum wendete die Buslinie in die Fürstenfeldbrucker Innenstadt. 1972 ging das Coca-Cola-Werk in Betrieb, außerdem siedelten sich hier u. a. Schleifring und das Verzinkungswerk Schörg an. Etwa um die gleiche Zeit wurde ein Gleisanschluß errichtet, der zunächst von der Brucker Bahnhofsköf bedient wurde, später von einer 260 vom Bw München Hbf.
Vermutlich in den 1950er oder frühen 1960er Jahren wurde die erste Unterführung für Fußgänger und Radfahrer gebaut. Auf Luftbildern von 1963 ist sie nachweislich schon vorhanden. Sie bestand aus langen Rampen, die unterteilt waren in einen Fußgängerbereich mit weit auseinander liegenden Stufen und in eine sehr schmale Fahrbahn für Radfahrer. Richtung Bahnsteige gab es zudem Treppenaufgänge. Die Unterführung bestand in dieser Form ca. bis 1984. Mit dem Bau des Einkaufszentrums AEZ nördlich der Bahn wurde eine neue Unterführung gebaut, mit einem Verbindungsgang zur dortigen Tiefgarage.
Die beiden Selbstblocksignale 109 und 110 wurden durch die Einfahrsignale des Bahnhofs ersetzt und weiter vom Bahnhof weg platziert. Mit dem Umbau zum Bahnhof blieb nur das Streckengleis Richtung München an seiner unveränderten Position. Das Gleis Richtung Geltendorf wurde verschwenkt, um Platz für den Inselbahnsteig und Gleis 2 zu machen.
7.) Der auf dem Plan erwähnte Gleisanschluß westlich von Buchenau wurde bis in die 1990er Jahre bedient. Meist war es nur ein Wagen, so wie hier im Sommer 1991, als 360 842 im Bahnhof Buchenau auf die Abfahrt nach Fürstenfeldbruck wartet. Bis dort hin wird geschoben, in Fürstenfeldbruck wird dann der Übergabezug zusammengestellt, wie auch hier zu sehen ist.
8.) Eine seltene Ansicht des Betriebsgebäudes um 1950 mit dem beschrankten Bahnübergang daneben. Ein Stück links davon entstand später die Unterführung. Die Fläche dahinter wurde in den kommenden Jahren und Jahrzehnten komplett bebaut. Mit dem Beginn der S‑Bahnzeit blieb dieses Gebäude als Kiosk bestehen. Auf der Rückseite war der Verkaufsstand (bis ca. 1986). Der Zugang zum S-Bahnsteig war rechts am Gebäude vorbei.
(Bildverwendung mit freundlicher Genehmigung des Modellbahn- und Feldbahnclubs Fürstenfeldbruck e.V.)
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Hinter Buchenau durchquert die Strecke auf 6 km bis Grafrath schnurgerade den Rotschwaiger Wald, der seinen Namen von einem Bauernhof auf einer großen Waldlichtung hat. Links und rechts der Strecke zeugen noch die wegen Funkenflug angelegten Brandschneisen von der Dampflokzeit. Hinter Schöngeising wachsen diese breiten Streifen aber mehr und mehr zu.
Zwischen Buchenau und Schöngeising gibt es in jeder Richtung ein Blocksignal (SBk 111 und 112). Sbk 112 ist seit 1987 mit einem Vorsignal versehen, das das Einfahrsignal von Buchenau ankündigt.
9.) Der E 3875 von Oberstdorf hat gerade die Brücke der B 471 überquert und nähert sich dem Bahnhof Buchenau.
10.) Während der Einsatzzeit als Alpen-See-Expreß kamen auch 601-Triebzüge regelmäßig auf die Strecke München – Buchloe. Allerdings in erster Linie für Leerfahrten von Oberstdorf nach München Ost. Die Einsätze als Alpen-See-Expreß endeten Anfang 1988. Anschließend wurde eine Einheit noch für Touristikfahrten eingesetzt, wie hier im April 1989.
Regulär als Alpen-See-Expreß kam ein Flügelzug von Augsburg über Geltendorf und Weilheim bis Seefeld in Tirol, wie hier zu sehen ist.
11.) Zwischen den Betriebswerken Kempten und Mühldorf gab es gelegentlich auch einen Tausch von Fahrzeugen zur Aushilfe. Hier hat es 218 313 (Bw Mühldorf 17.01.1978 – 09.04.2001) auf die Allgäubahn verschlagenund rollt mit dem Schnellzug aus Basel am km 27,3 vorüber. Im April 2001 wurde sie dann nach Kempten umstationiert, für vier Jahre.
Stationierungsdaten 218 313
Regensburg vom 18.12.1974 – 16.01.1978
Mühldorf vom 17.01.1978 – 09.04.2001
Kempten vom 10.04.2001 – 07.06.2005
Regensburg vom 08.06.2005 – 21.12.2006
Kempten vom 22.12.2006 – 16.04.2007
Westerland/Sylt seit 17.04.200
12.) Eine 150 wird mit ihrem Güterzug über Geltendorf nach Augsburg umgeleitet. Hier beim km 27,5.
13.) 218 402 mit dem D 363 aus Zürich hat das Ziel München bald erreicht. Bis Ende der 1980er Jahre stellte die SBB das Wagenmaterial, danach die DB. 1988 war der D363 täglich der vorvorletzte Zug von Buchloe nach München. Eine Stunde später kam dann noch der E 3897 aus Lindau und eine weitere Stunde später der EC 93 "Schweizerland" aus Bern.
Verglichen mit dem heutigen vertakteten Netz, war das Zugangebot damals etwas anders. Es fuhr zwar stündlich ein Zug von / nach München, aber das war stündlich entweder ein Eilzug, oder ein D-Zug oder ein Eurocity. Die von München abgehenden Züge hatten die unterschiedlichsten Ziele, bzw. umgekehrt die unterschiedlichsten Abfahrtsorte.
Werktags erreichten 20 Züge den Münchner Hbf aus Buchloe: 3x EC, 5x D-Zug, 12x Eilzug.
Davon kam einer direkt aus Buchloe, zwei von Kempten, einer von Kaufbeuren, zwei von Memmingen, einer von Oberstdorf, vier von Lindau, einer aus Singen, drei aus Zürich, zwei von Basel Bad Bf, zwei von Bern und einer von Freiburg.
Für einen Zug war München Hbf nicht die Endstation, der D 369 fuhr weiter nach Prag.
Stationierungsdaten von 218 402:
Kempten vom 06.04.1976 – 29.09.1993
Regensburg vom 30.09.1993 – 19.04.1995
Kempten vom 20.04.1995 – 02.06.1997
Ulm vom 03.06.1997 – 09.06.2001
Mühldorf seit 10.06.2001
14.) Der Gegenzug D 368 nicht weit von der selben Stelle.
15.) Ein Nachmittag im März 1990 am km 27,1. Der E 3886 nach Kempten hat um 16.14 München Hbf von Gleis 30 verlassen. Etwa um halb 5 rollt 218 406 mit der Vier-Wagen-Garnitur kurz hinter Buchenau in den Rotschwaiger Forst hinein. Zwischen den Bäumen ist eine Unterführung erkennbar. In der Frühzeit der Bahnlinie gab es links davon einen schienengleichen Bahnübergang, dessen Zufahrtsrampe am rechten Bildrand noch deutlich erkennbar ist. Rechts davon führt nunmehr der Fahrweg in einem Bogen nach unten zur Unterführung.
16.) Der Eilzug wird um 17:03 Buchloe erreicht haben und um 17:48 seinen Zielort Kempten.
17.) Gleich darauf kommt aus der Gegenrichtung ein Vollzug der S4 nach Ebersberg. Es liegen bis dorthin noch ca. 64 km zurückzulegen. Um 17:50 wird der 420er Ebersberg erreichen. Fast zeitgleich mit der Ankunft des E 3886 in Kempten.
Weiter hinten das noch grün zeigende Vorsignal zum Sbk 111, kurz vor dem Hp Schöngeising.
18.) Weiter westlich, am km 28,0 schon kurz vor Schöngeising, rollt der nächste Zug ins Allgäu, der D 2168 nach Lindau, gezogen von 218 469.
19.) Wie oft 218 469 hier am km 28 an der KBS 970 im Wald bei Schöngeising schon vorbei gekommen sein mag, vermag wohl niemand zu sagen. Sehr, sehr oft. Die Lok ist seit ihrer Indienststellung 1976 ohne Unterbrechung beim Bw Kempten beheimatet.
Somit ist es nichts außergewöhnliches, dass sie am 29. April 2013 den (Doppel-)RE 57418 nach Lindau anführt. Dass ich sie aber exakt an der gleichen Stelle, zur gleichen Tageszeit, mit einer ähnlichen Zugleistung ablichtete wie 23 Jahre vorher, ist schon ein bemerkenswerter Zufall.
Seit Fahrplanwechsel im Dezember 2013 wird der RE 57418 von einem drei- bis vierteiligen 612 gebildet.
20.) Wieder 218 469, diesmal 200 m weiter östlich, mit dem RE 57588 von München nach Kempten.
7.) Blocksignal 112, das bis zur Inbetriebnahme der Ks-Signale zugleich das Einfahrsignal von Buchenau ankündigte. Dahinter ist nochmals der Kilometerstein 28 zu sehen.
21.) Bei km 27,8 befindet sich eine Bahnunterführung, hier nicht sichtbar außerhalb des linken Bildrandes. Ursprünglich gab es hier einen Bahnübergang, dessen letzte Zeugen noch die beidseitigen Auffahrtsrampen sind (die Böschungen links und rechts). Der Bahnübergang wurde wohl schon zu Staatsbahnzeiten ersetzt. Für die Weiterführung des Waldweges wurden die Rampen durchbrochen.
22.) Im Winter drei Jahre zuvor im Dezember 1987– kurz nach der Fertigstellung des Bahnhofs Buchenau – befördert 218 470 den E 3178 von München (ab 15:04) nach Kempten (an 16:35). Eine Stunde später fährt der D 368 von München (ab 16:05) nach Zürich. Ihm folgt um 16:25 der E 3180 (Mü Hbf ab 16:25) nach Oberstdorf (an 18:56), die 173 km lange Strecke wird in 2,5 Stunden bewältigt..
Das Einfahrtsignal ersetzte ein Blocksignal (SBk 110), das ein paar hundert Meter weiter östlich stand.
23.) Ab in den winterlichen Sonnenuntergang: ein Vollzug der S 4 eilt nach Geltendorf, gesehen vis à vis zum Standpunkt von Bild 5.
Der Bahnhof Buchenau als solcher war damals noch nicht lange in Betrieb, vorher war das nur ein einfacher S-Bahnhaltepunkt mit Außenbahnsteigen wie in Schöngeising. Buchenau bekam schon Signale mit dem damals noch neuartigen Kompaktschirm. Da Buchenau von Fürstenfeldbruck aus gesteuert wurde, wurden dort die Signale auch gleich noch ausgetauscht. Ich vermute, dass es im Raum München die beiden ersten Bahnhöfe waren, die Signale mit Kompaktschirm erhielten.
Im MVV-Verbundsfahrplan Winter 87/88 stand bei der S4 der dicke Vermerk:
„Die Wendeanlage Buchenau kann erst ab 2. Nov. in Betrieb genommen werden. Alle in Buchenau endenden Züge fahren daher bis 1. Nov. nur bis Pasing. Ausnahmen: Buchenau an 16.40 und 23.53 verkehren bis Fürstenfeldbruck“